TRIGGER-WARNUNG! In diesem Post geht es um ungesunde Beziehungen, angedeuteten Alkoholmissbrauch, Depression und Co-Abhängigkeit auf emotionaler Ebene.
Vom Fallen und nochmaligem Fallen
„Ich bin kaputt.“ Er bläst Zigarettenrauch an die Decke, blickt den Schwaden hinterher. Die Musik ist schon längst aus. Dann räuspert er sich und sieht mich mit seinen blauen Augen direkt an. Ich kann nichts Kaputtes in ihnen entdecken. Sie sind hell und strahlend.„Was willst du mit jemandem, der kaputt ist?“„Ich glaube nicht, dass du damit recht hast. Du bist besser, als du denkst. Zumindest weniger kaputt, als du denkst.“ Es ist merkwürdig. Bis zu diesem Moment war alles in Ordnung. Wir hatten Musikvideos aus den 90ern geschaut und herumgewitzelt. Warum stößt er mich jetzt fort?„Schau mal“, setze ich erneut an. „Du hast einen Job, den du gerne machst, tolle Freunde und eine nette Familie. Wie kann man da kaputt sein? Du bist betrunken. Mehr nicht.“„Du willst mich reparieren, was?“Oh verdammt, ich werde rot. Sehr rot. Knibbele am Etikett der Bierflasche und starre in ihren dunklen Hals.„Na und?“, sage ich. Sehr erwachsen. Sehr ladylike. Na und? Wo ist da die Rhetorik hin, die geschätzte, gepflegte? Ein Paar blauer Augen, Tattoos und Locken und schon verabschiedet sich das bisschen an Eloquenz, die ich mir sonst selbst noch zugestanden habe.„Oh Mann, was machst du mit mir?“Dieser Satz kommt nicht von mir, hätte er kommen können, aber nein, dieser Satz kommt von ihm.Oh verdammt, dieser Satz kommt von ihm wegen mir.Ja, es ist halb sechs morgens, ja, die Musik ist längst aus. Und ja, vielleicht ist er ein bisschen kaputt, aber verdammt, er ist doch auch nur ein Mensch.
„Bitte, bitte komm‘ vorbei. Ich kann nicht mehr.“ Seine Stimme ist derart brüchig, dass ich Angst bekomme. Eigentlich will ich Abstand von ihm gewinnen, auch wenn die Trennung freundschaftlich war. Aber so habe ich ihn noch nie erlebt.„Bist du noch dran?“„Ja“, sage ich hastig, „Ja. Was ist denn los?“„Du bist weg.“ Er atmet ein paar Mal laut ein und aus. „Oh Scheiße, du bist weg. Ich kann nicht. Ich kann das nicht.“„Wo sind die Jungs?“„Ich will sie nicht sehen. Sie haben nach dir gefragt, weißt du. Wo du wärst. Warum du nicht da bist. Ich habe nichts gesagt. Scheiße.“„Wo bist du?“„Zuhause.“„Bist du betrunken?“Er lacht auf, so bitter, so unglaublich bitter. „Ich habe nichts mehr getrunken, seit du weg bist. Ich will das Zeug nicht mehr sehen.“Herz, hör auf zu schmerzen. Er muss da alleine durch. Er kann das. Glaub an ihn. Hinzugehen heißt, dass du nicht an ihn glaubst.Er schnieft. „Aber es ist zumindest gut, deine Stimme zu hören“, flüstert er dann und legt auf. Der Idiot hat einfach aufgelegt. Ich schaue auf die Uhr. Der nächste Bus zu ihm fährt gleich ab. Wenn ich will.
Die Chance, nicht zurückkehren zu müssen
„Labels are about safety and courtesy, not about judgment or morality.“
– spiletta.com, hier gibt es verständliche und gute Erklärungen zum Thema labels / warnings aus Sicht eines FanFiction-Autors
Würde das investiert werden von den Verlagen in Zusammenarbeit mit den Autoren oder eben direkt von Selfpublishern, kann ich mir vorstellen, dass auch Buchblogger so etwas auch selbst in Rezensionen übernehmen würden (ungeachtet, ob sie den rezensierten Titel mögen oder nicht, das ist auch ein springender Punkt) und insgesamt ein transparenteres, von mehr Anerkennung verschiedener Hintergründe geprägtes Verbreiten von Literatur entstünde. Zumindest wäre das meine Hoffnung. Von Zensieren halte ich nichts, denn wenn ich schon etwas von „Bildungsauftrag“ schreibe, kann es keine Lösung sein, Unbequemes zu verbieten. Aber es wäre wundervoll, wenn der Leser noch vor dem Lesen des ersten Satzes schon – ohne Spoiler des gesamten Plots – in die Lage gebracht würde zu entscheiden, was an unbequemen Dingen er lesen möchte und vertragen kann.
Vielen lieben Dank an Nina C. Hasse (die mich mit ihrem Post Meine Probleme mit Pseudo-Liebesromanen zur Darlegung meiner Seite inspiriert hat) für das Testlesen dieses Beitrages.
In den Kommentaren erwähnte Artikel:
13 Kommentare
Steffi <3 Vielen, vielen, vielen Dank für's Teilen deiner Worte! Ich weiß gar nicht wieso, aber irgendwie hatte ich plötzlich Tränen in den Augen. Weil es weh tut zu sehen, wie ignorant Menschen sein können. "Medien beeinflussen nicht", "regt euch nicht so auf, Moral wird überbewertet", "jeder halbwegs gesunde Mensch kann Fiktion von Realität entscheiden" – was gab es noch für verurteilende Aussage während der Paper Princess-Diskussion? Jede dieser Aussagen hat mir das Gefühl gegeben, ein Schwindler zu sein. Denn wenn es stimmt, dass Literatur keine Zeichen hinterlässt, dann wäre ich heute nicht eine solche tolerante und weltoffene Person. Wie auch, wenn man in einer homophoben und relativ frauenfeindlichen Kultur aufwächst. Also, DANKE!
Ich finde übrigens, dass du unheimlich gut schreibst (von den Textschnipsel her bewertet), es ist so eine ruhige und doch intensive Art des Erzählens. Wunderschöner Text, unheimlich mutige Autorin und viel Ehrlichkeit. Ich bin echt froh, dass es noch Blogger wie dich gibt.
LG
Mewa
Ich kann deine Wut über solche Jugendbücher total nachvollziehen, aber trotzdem liest es sich ein bisschen so, als wärst du der Ansicht, Beziehungen mit einem depressiven Menschen könnten überhaupt nicht funktionieren, was ich definitiv anders sehe. Natürlich ist es Quatsch, dass Liebe allein eine Depression heilen kann. Spätestens, wenn die rosarote Phase vorbei ist, sind auch die berauschenden Glückshormone weg, die die Depression kurzzeitig ausgeschaltet haben. Aber das heißt nicht, dass die Beziehung nicht trotzdem halten kann. Ich kann total nachvollziehen, warum deine Beziehung damals nicht funktioniert hat, aber das lag nicht daran, dass er depressiv ist/war. Das bin ich auch und bin trotzdem in einer Beziehung, in der ich mich sicher und geliebt fühle. Eine Beziehung, die trotz Depression und der Tatsache, dass ich manchmal glaube, "kaputt" zu sein, funktioniert.
Ich fände Bücher schön, die solche Beziehungen zeigen. Bücher, in denen die Charaktere zwar vielleicht Löcher in der Seele haben, aber die trotzdem in der Lage sind, Beziehungen zu führen, selbst wenn diese nicht perfekt sind und man sich mal streitet, mal hasst und mal überlegt, sich zu trennen. Bücher, die von echter Liebe handeln. Und echte Liebe ist auch mit einer Depression möglich. 🙂
Hallo Anonym 🙂 Wenn ich von mir selbst erzähle, stelle ich damit keine allgemein gültige Behauptung auf 😉 Das ist nun dein Textverständnis, eine individuelle Geschichte auf alle zu münzen – finde ich nicht richtig, aber kann ich auch nicht verhindern. Ich freue mich aber für dich, dass du in einer liebevollen Beziehung lebst, Depression hin oder her 🙂 Auch wenn ich sie nicht allgemeingültig auf alle Beziehungen mit Depressiven münzen würde. Was in die eine Richtung nie für alle passen kann, funktioniert auch nicht in die andere. Liebe, ihr Glänzen, ihr Scheitern, ist individuell – es gibt kein Schema F.
Weiterhin – die Depression hat nicht die Beziehung zerstört, sondern schwieriger gemacht, als sie ohnehin schon war. Auf der anderen Seite werde ich niemals andere anlügen, indem ich sage, dass es ja „kein Problem“ ist, eine schwer depressive Person zu unterstützen. Ich habe mich emotional selbst dafür gegeisselt, es nicht ausgehalten zu haben. Ich war verunsichert bis ins Mark, kaum fähig, mein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen. Das muss reichen. Und zum Schluss ging es ihm ja super durch Therapie und Medikamente. Wäre die Depression alleine Schuld, wären wir dann dieser Logik nach nicht noch zusammen? Dem ist nicht so. Weil es im Kern (und auch im Kern dieses Posts) nie um die Depression ging. Der Kern ist, dass nie Liebe da war oder höchstens für ein Abziehbild von Partner/in.
Liebe Mewa, danke für deinen Mut machenden Kommentar ♥ Auch wenn ich das mit den Tränen nicht wollte, ach :,/
Denn wenn es stimmt, dass Literatur keine Zeichen hinterlässt, dann wäre ich heute nicht eine solche tolerante und weltoffene Person.
Danke, da nennst du einen m.M.n. extrem wichtigen Punkt! Denn auf der einen Seite ist da ein Bildungsauftrag der Literatur, auf der anderen Seite soll man den aber bitte selektiv vergessen? Sorry, was? Das trifft einerseits den Inhalt mancher Bücher, andererseits auch die Rezeption. Im Zuge der Label-Diskussion wurde auch gerne gesagt "Dann lies das halt nicht!". Leichter gesagt als getan, wenn man ein JUGENDbuch zur Hand nimmt und dort plötzlich der Bär los ist, wie man ihn sonst nur in Erwachsenenliteratur findet. Aber ist ja in Ordnung, ist ja "nur" Unterhaltung. Wenn man getriggert wird – "Pech!" Aber ich bremse mich mal an dieser Stelle, sonst schreibe ich hier noch eine halbe Novelle hin :p
Ich finde übrigens, dass du unheimlich gut schreibst (von den Textschnipsel her bewertet), es ist so eine ruhige und doch intensive Art des Erzählens. Wunderschöner Text, unheimlich mutige Autorin und viel Ehrlichkeit. Ich bin echt froh, dass es noch Blogger wie dich gibt.
Oh wow. Das waren drei der schönsten Komplimente des Jahres und ich kann mir nicht vorstellen, wie das noch getoppt werden kann ♥ Ha, Payback, jetzt habe ich Tränchen in den Augen :,)
Ich habe auch nie geglaubt, dass deine Absicht war, depressiven Menschen zu vermitteln, dass sie keine Beziehung führen können. Ich wollte dir lediglich sagen, dass es ein bisschen so klingt, als wäre die Beziehung (auch) ungesund, weil er psychische Probleme hatte. Und klar, dass es das verschlimmert hat, ist total nachvollziehbar. Immerhin wart ihr beide noch jung und mit der Situation daher überfordert, aber meiner Meinung nach hat es die Beziehung nicht ungesund gemacht, nur die Aspekte, die sie ungesund gemacht haben, verstärkt. Kann auch sein, dass ich den Fokus im Artikel zu sehr auf die Depression gelegt habe, weil mich das selbst momentan betrifft und daher "triggert".
Allerdings kenne ich persönlich keine Bücher, in denen die Beziehung der Charaktere ungesund ist, da sie sich eigentlich nicht lieben und die Beziehung nur als Anker nutzen, um nicht ganz unterzugehen. Mich würden tatsächlich Beispiele interessieren, solltest du gerade welche im Kopf haben. Meinst du damit Bücher, in denen es einen Bad Boy und ein schüchternes Mädchen gibt, die auf wundersame Weise zueinander finden? Und wenn diese Charaktere von Liebe reden, glaubst du dann, dass sie nicht echt ist, und sie sich nur in die Vorstellung verliebt haben, die sie hatten?
Dank Zeichenbegrenzung splitte ich das nun, hier ist Teil 1 🙂
Ich habe auch nie geglaubt, dass deine Absicht war, depressiven Menschen zu vermitteln, dass sie keine Beziehung führen können. Ich wollte dir lediglich sagen, dass es ein bisschen so klingt, als wäre die Beziehung (auch) ungesund, weil er psychische Probleme hatte.
Liebe(r) Anonym, du hast tatsächlich geschrieben "aber trotzdem liest es sich ein bisschen so, als wärst du der Ansicht, Beziehungen mit einem depressiven Menschen könnten überhaupt nicht funktionieren", daher verzeih, wenn ich geschrieben habe, dass du scheinbar Depression in Verbindung mit Beziehungsfähigkeit zum Kern meines Posts gemacht hättest 😉 Ich verstehe das immer noch so und sehe deinen zweiten Kommentar tatsächlich als Ergänzung, nicht Erklärung. Die Ergänzung finde ich bezogen auf den Post auch viel nachvollziehbarer als deinen ersten Kommentar. Dort hatte ich, wie du nun schriebst, tatsächlich den Eindruck, als hätte da eine Fixierung auf einen Teilaspekt stattgefunden, was an der Intention des Posts vorbeigeht. Aber gut, das kann passieren. Jeder ist für unterschiedliche Dinge sensibel und ich bin keine preisverdächtige Texteschmiedin 🙂
Final ist nicht die Depression ungesund, sondern die Co-Abhängigkeit (Sabine hat einen guten Einstiegsartikel dazu geschrieben, Textlich steht unter Kommentar). Also die Art, wie er mich teilweise behandelt hat und mein „wiederholtes Bleiben“, das mich fast Freunde gekostet hätte. Er hat jemanden gebraucht, der von seiner Depression weiß (er hat es sonst allen gegenüber verschwiegen) und ihn unterstützt. Ich brauchte jemanden, der mich braucht. Die Kombination – ungesund. Ich selbst habe die Depression „instrumentalisiert“ und damals gesagt, dass diese Krankheit an allem Schuld sei. Man kann aber depressiv sein UND einen Charakter haben kann, der dem Partner nicht gut tut – du erlebst ja glücklicherweise das Gegenteil 🙂
Und Teil 2:
Allerdings kenne ich persönlich keine Bücher, in denen die Beziehung der Charaktere ungesund ist, da sie sich eigentlich nicht lieben und die Beziehung nur als Anker nutzen, um nicht ganz unterzugehen. Mich würden tatsächlich Beispiele interessieren, solltest du gerade welche im Kopf haben.
Beispiele für Bücher mit ungesunden Beziehungen kann ich dir nicht nennen, aus zweierlei Gründen: Am Anfang des Posts schrieb ich, dass mich sowas triggert und ich sowas nicht lese (daher das Thema Label, denn ich wüsste gerne vor dem Lesen Bescheid, ohne die Geschichte spoilern zu müssen – siehe eben Post) schon keine Bücher, in denen nur der Anfang einer etwaig ungesunden Beziehung gezeigt wird (doch, ein Beispiel: Twilight – habe ich nach Band 1 abgebrochen; Zorn und Morgenröte machte mich erst neugierig, Anabelles Post auf stehlblueten.de hat mich dann aufgeklärt). Der andere Grund: Es ging in dem Post nicht um Bücher mit ungesunden Beziehungen, sondern mein Aversion gegen den Aufbau eventuell ungesunder Beziehungen, in meinem Beispiel durch das Bad Boy-Klischee (also ist die Antwort Ja auf deine Frage „Meinst du damit Bücher, in denen es einen Bad Boy und ein schüchternes Mädchen gibt, die auf wundersame Weise zueinander finden?“ :p). Wo suggeriert wird, dass Liebe alles verzeihen und heilen kann, Menschen/Charaktere verändert und das gerne binnen Wochen. Und auch, dass man in dieser kurzen Zeit die Vielschichtigkeit eines anderen Menschen begreifen könnte (und sich selbst auch total begriffen hat). Die Beziehung danach wird nicht beleuchtet ("[Ich vermisse das] Beleuchten der Beziehung nach dem „Happy End“ […].). Ich wollte in diesem Post auch einmal zeigen, wie es danach weitergehen kann. Alkoholismus, Depression und Co-Abhängigkeit sind nur Möglichkeiten. Ich habe aber nun nicht mit anderen gesprochen, sondern nur meine Seite erzählt und da kam eben alles drei vor, trotz pseudo-romantischer Anfänge.
Und wenn diese Charaktere von Liebe reden, glaubst du dann, dass sie nicht echt ist, und sie sich nur in die Vorstellung verliebt haben, die sie hatten?
Das ist ganz schön Schwarz-Weiß, so funktioniert die Welt nicht, finde ich. Ich glaube daran, dass alles möglich ist. Niemandem kann und will ich Liebe absprechen, vielleicht nicht einmal mir selbst an bestimmten Punkten. Von daher sehe ich keinen Sinn darin zu urteilen, ob jemandes Beziehungsanfänge von echter Liebe zeugen oder nicht. Die Zeit zeigt es und die Zeit zeigt es den beiden. Ich mag nur nicht, das ist mein großes Problem, suggeriert bekommen, dass menschliche Beziehungen eindeutige, kalkulierbare Enden haben können. Ich mag keine Verklärung von Dingen, nur weil die meisten Leser keine schlechte Erfahrung gemacht haben oder lesen wollen, dass alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Das hilft den unerfahrenen Lesern nicht, besser zurechtzukommen und hilft Menschen mit schlechter Erfahrung sicherlich nicht, sich wohl zu fühlen in ihrer Haut. Ich wünsche mir offenen, reflektierten, respektvollen Umgang mit Themen unter Anerkennung der Sensibilität des Gegenübers. Für mich ist daher das Labeln, wie es im FF-Bereich bereits seit Jahren üblich ist, da ein Schritt in diese Richtung.
Okay, dann sind wir uns einig. Und es tut mir leid, dass ich etwas hineininterpretiert habe, was du nicht so gemeint hast.
Ich finde es auch furchtbar, wenn in YA- und NA-Büchern das Bild vermittelt wird, dass das Mädchen nur den richtigen Typen finden muss und allein diese Beziehung die beiden glücklich macht. Außerdem wirken die Charaktere dadurch oft sehr flach, weil sie keine Leidenschaften (oder eben diese Klischee-Leidenschaften wie Musik machen, Fußball spielen und co. beim männlichen Charakter und lesen beim weiblichen Charakter) haben. Allerdings finde ich es unfassbar schwierig, die Beziehung nach dem Happy End zu zeigen. Ich weiß nicht, wie man diese spannend gestalten kann, ohne dass der Leser frustriert ist, weil es eben nie zum märchenhaften Happy End kommt. Denn viele möchten eben leider wirklich nur "und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende" lesen, vielleicht als eine Art Flucht aus ihrem eigentlichen Leben.
Mir ist in den Jugendjahren, in denen ich diese Art von Büchern gelesen habe, auch aufgefallen, dass ich mich immer in Jungs verliebte, die für Beziehungen noch nicht reif genug waren. Ich wollte sie reparieren, die "Eine" für sie sein, die alles ändert. Hat natürlich nicht funktioniert und nur für viel Liebeskummer gesorgt. Und jetzt glaube ich auch, dass ich nur in die Wunschvorstellung verliebt war, in das, was ich in ihnen gesehen habe, aber gar nicht da war. Allerdings waren die nicht kaputt im Sinne von depressiv, sondern einfach narzisstische Arschlöcher. Die gibt es in Büchern leider auch viel zu oft.
Was die Content Notes / Trigger Warnings / Labels angeht, kann ich dir zu 100% beipflichten. Ich möchte schon seit langem einen kleinen Appell an die Buchbloggerwelt schreiben, bemühe mich auch selbst seit einiger Zeit darum, Warnungen in Rezensionen einzubauen – mit deinem Beitrag hast du einen ganz wertvollen Schritt getan! Danke für das Teilen deiner Perspektive und alles Gute dir. <3
Ich weiß nicht, ob es richtig ist, sich noch mal für Paper Princess zu rechtfertigen. Immerhin wollte ich dazu eigentlich nichts mehr schreiben. Aber da mir das immer noch vorgehalten wird, hier auch noch mal:
Ich habe nie verlangt, dass solche Bücher zensiert werden. Oder dass sie nicht mehr gedruckt und gelesen werden. Von mir aus kann jeder lesen, was er möchte.
Das einzige, worauf ich hinaus wollte, ist, dass in den Blogs diese Männer angehimmelt und als heiß befunden werden. Meistens wurde überhaupt nicht, oder nur auf Nachfrage, erwähnt, dass da (sexuelle) Gewalt drin ist. Von eben jenen sexy Typen ausgehend. Und wenn es erwähnt wurde, dann mit einem "Ja, aber …"
Es ist auch nicht nur bei Rezensionen zu Paper Princess so. Sondern in verdammt vielen Büchern. Darauf wollte ich immer hinaus. Dass man eventuell mal drüber nachdenkt, wen man da anhimmelt und anderen empfiehlt. Dass man diese Taten nicht runter spielt, weil der Mann attraktiv ist.
Mehr wollte ich nie. Ich habe nie verlangt, dass diese Bücher (oder Blogger. Oder Autoren.) zensiert werden. Oder nicht gelesen. Ich habe nur appelliert, dass man nicht unreflektiert den Love Interest des Buches anschwärmt und alles andere unter den Teppich kehrt. Sondern dass man über die Beziehungen in Büchern nachdenkt.
Inzwischen weiß ich, dass das nicht nur sehr viel, sondern zu viel verlangt war. Und es tut mir leid, dass ich das überhaupt aufs Tapet gebracht habe.
Aber ja. Die Kurzfassung ist: lest, was ihr wollt. Ich habe nie verlangt, dass diese Bücher zensiert oder nicht gekauft/gelesen werden.
Hallo Nom, ich denke, du beziehst dich jetzt nicht auf diesen Post, sondern meinst eine Diskussion, die du an anderer Stelle geführt hast und wo ich deinen Beitrag zu dieser Diskussion selbst nicht kenne? Verlinke doch gerne, was du meinst, damit der Zusammenhang hier klar wird, das wäre superlieb 🙂
Allgemein kann ich dir nur zustimmen, dass mehr Reflexion angebracht wäre. Und wie ich ja auch im meinem Post schrieb, ist Zensur keine Lösung, wenn Literatur auch bilden will. Dann gehört auch das Unangenehme rein. Allerdings wäre eine Erweiterung um Triggerwarnungen (in Romanen und Rezensionen) dann wirklich eine Anerkennung der Thematik, alles andere erscheint mir sonst wie blindes Reproduzieren von Trends.
Danke für dein Feedback, liebe Elif 🙂 Freue mich sehr auf deinen geplanten Beitrag und bin gerne bereit, ihn dann hier auch nochmal zu verlinken. Gerade im deutschsprachigen Raum außerhalb des FanFiction-Bereiches vermisse ich die Thematisierung von Kennzeichnungen schon sehr! Stattdessen prügeln alle verbal aufeinander ein, was man lesen soll oder darf (was mir dann schon fast wie fernmündliche Zensur oder so eine Art "book shaming" erscheint).
Hallo, Steffi.
Ich bin die, die den ersten Beitrag in der hitzigen Debatte zu Bad Boys, die du im ersten Absatz erwähnst, geschrieben (inzwischen gelöscht, denn wie gesagt, es tut mir leid, überhaupt damit angefangen zu haben) und auch einen großen Teil der Diskussion geführt hat.
Ich dachte, du würdest im letzten Teil wieder einen Bogen dazu schlagen, und ich war halt nie eine Befürworterin dafür, dass Bücher verboten oder zensiert werden.
Außer, es gab noch eine Diskussion, und ich hab sie nur nicht mitbekommen, weil Herz und Seele in der anderen steckten. Dann kann man den Kommentar getrost ignorieren.
Triggerwarnungen halte ich auch für sinnvoll und wünsche mir schon seit Jahren für Bücher ein System wie für Videospiele. Bei Bloggern würde das wohl keinen Sinn ergeben, da das ja offensichtlich jeder anders sieht und unterschiedliche Maßstäbe ansetzt. Auch wenn es ein toller kollektiver Schritt wäre.
Dein Beitrag ist toll und lesenswert. Danke fürs teilen.