Eine Freundin hält sich für unkreativ. Das zu hören, schmerzt mich ein bisschen, denn ich glaube nicht daran, dass es möglich ist, nicht kreativ zu sein. Sie wähnt sich als “nicht kreativ”, weil sie nicht zeichnet, schreibt oder dergleichen. Und da wirkt es auf mich so, als wäre die Wahrnehmung von Kreativität bei uns beiden eine sehr unterschiedliche.
Weil mich das nicht losgelassen hat, fragte ich Frank Berzbach, Autor u.a. von Die Kunst ein kreatives Leben zu führen – Anregung zur Achtsamkeit und Die Form der Schönheit, ob er ein paar von mir gestellte Fragen vor diesem Hintergrund beantworten möchte.
Manchmal. Es gibt Tage, da habe ich Ideen. Allerdings verwendet man die meiste Zeit für deren Realisierung. Und das betrifft dann eher das Handwerk.
Es kann eine Lebensform sein, dann ist alles Vorbereitung für das Handeln. Man sollte täglich arbeiten, sich aber nicht zu viele Gedanken über die Kreativität selbst machen. Es gibt keinen Mangel an Ideen, sondern an fehlender Bereitschaft, diese umzusetzen und dranzubleiben.
Künstler sind heute auch oft nur Dienstleister und bedienen einen Markt. Im Bereich von Kunst und Design regiert viel Eitelkeit, viele halten sich per so für kreativ. Es wäre gut, da zurückhaltender zu sein.
Jeder Mensch kann schöpferisch tätig werden, dafür ist die Kunst gar nicht nötig. Eine Ordnung schaffen, eine Idee umsetzen, etwas sammeln, neue Lösungen finden – das gibt es in jedem Bereich menschlicher Tätigkeit.
Niemals schöpferisch zu handeln verengt das Leben ungemein. Es gibt sicher eine Angst vor neuen Lösungen. Enge, Nationalismus, Angst kehren leider gerade über die Politik zurück. Donald Trump ist die Speerspitze dieser Bewegung. Hass statt schöpferischer Lösungen.
Es ist eher ein Zeichen der Moderne oder sogar Postmoderne, dass Künstler sich so sehr auf die Kreativität stürzen. Früher ging es eher um Handwerk, gute Ausführung und Schönheit. Ich glaube nicht an eine “Kreative Klasse” oder an “Kreative Branchen”.
Social Media bietet die Möglichkeit der Vernetzung und Darstellung, ich finde es eine Bereicherung. Nicht alles ist als kleines Bildchen reproduzierbar und vieles ist oberflächlich, aber das steuert man in seiner Rezeption selbst. Ich mag Instagram und Facebook.
Wir brauchen nicht nur Kreativität, sondern oft auch Handwerk und Tradition, damit die Dinge eine Tiefe bekommen. Vieles ist gar nicht neu, sondern es erscheint nur Unkundigen neu. Wer die Kunstgeschichte oder Historie allgemein nicht kennt, der wiederholt meist nur altes. Das ist sehr ernüchternd. Es gab schon sehr vieles und die Vergangenheit ist eine große Quelle der Inspiration. Daher geht es um das Studium, um das Arbeiten an sich. Ich glaube, wenn man Freude hat an seinem Job, dann tut man nicht nur, was einem gesagt wird. Dann stellt sich Schöpferisches von selbst ein.
Dr. Frank Berzbach
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