Was haben eigentlich Xena – Die Kriegerprinzessin und der Manga/Anime Sailor Moon miteinander zu tun? Im Prinzip ist es sehr einfach, auch wenn die Lösung in den 90ern, sprich meiner Kindheit liegt, ich das damals einfach furchtbar logisch fand und heute darüber aber eher schmunzeln muss.
Wie das Bild euch hoffentlich verrät, geht es hier um Sailor Moon, die Lösung liefere ich euch dennoch: Als Kind war ich früh genervt davon, dass andere Leute mir häufig sagten, was ich als Mädchen zu tun und zu lassen habe (“Sei nicht so wild! Sitz still! Mach dich nicht dreckig! Hör auf zu singen!”) . Irritiert war ich deswegen, weil unsere Eltern meinen Bruder und mich bis zu einem gewissen Grad einfach haben spielen lassen, was und womit wir wollten, ohne dabei zwischen “Junge” und “Mädchen” zu unterscheiden. Was wir wenig durften, war Fernsehen schauen und wenn, dann waren das Sendungen wie u.a. Sailor Moon, Star Trek, Hercules und Xena. In Sailor Moon (und ihren Mitkämpferinnen) und Xena fand ich weibliche Kämpferinnen als Vorbilder (ich meine, wenn die toughe Tasha Yar so schnell verschwindet und nur noch gefühlt eine übermäßig häufig seufzende Halb-Betazoidin übrig bleibt, ist da für mich kein entsprechendes Potential mehr in Star Trek gewesen; von Hercules fange ich gar nicht erst an). Der Tag schließlich, an dem meine Eltern mir eine ellipsenförmige Frisbee holten, sollte sich als grandios (anstrengend) herausstellen: Die Tochter rannte ab da nämlich ständig brüllend durch den Garten und schrie je nach Laune “Ayayayayayeeeee!” (Xena) oder “Mondstein! Flieg und sieg!” (Sailor Moon), während sie das Frisbee durch die Gegend schleuderte. Ich durfte kämpferisch sein und ein simples Frisbee vereinte meine beiden großen Vorbild-Serien. Heute finde ich das etwas arg über’s Knie gebrochen, aber ich erinnere mich sehr gut, was ich für einen Spaß hatte und dass dieses Gefühl recht nahe an das von “erfüllt sein” kam.
Kämpferisch sein – auch als Mädchen!
Während die TV-Serie Sailor Moon für mich recht spaßig und bunt herüberkam, lernte ich etwas später im Manga, der schließlich auf Deutsch erschien, die zarte (originale) Seite von Sailor Moon kennen. Ich war erstmals bewusster fasziniert von der Idee, dass man kämpferisch und auch ladylike zugleich sein konnte (ebenfalls fand ich erstmals die kurzen Röcke doch zu unpraktisch). Ich bewunderte im Manga das Wachstum von Usagi, die ich in der TV-Serie von der ersten bis zur letzten Folge eher nervig fand. Im Original reifte sie in meinen Augen viel nachvollziehbarer (und überhaupt), stellte sich inneren Dämonen und dem Bösen, das die bedrohte, die sie liebte. Ich wollte lange Zeit so ähnlich sein wie sie, denn die Person, von der ich wollte, dass sie mein Vorbild sein könnte, war mir zu ruhig, zu emotional abwesend (obwohl sie ständig für ihre Kinder da war) und viel zu wenig kämpferisch.
Grandios fand ich schon damals, dass immer wieder Mädels den Tag retteten – und auch immer wieder den (fast) einzig regelmäßig auftretenden Mann der Serie, nämlich Tuxedo Mask. Und da war keine Schadenfreude, sondern mehr die Anfänge eines Denkens nach dem Thema “Warum nicht?”. Ich fand es erfrischend, dass er im Manga zwar wesentlich erwachsener und interessanter herüberkam, aber eben nicht alles selbst retten konnte, wie sonst manche männliche Figur in anderen Serien, Filmen und Büchern, die ich damals so kannte. Es machte ihn schlicht menschlich. Und aus heutiger Sicht kann ich mich dem immer noch anschließen: Ich möchte mich Figuren nicht völlig überlegen oder unterlegen fühlen (insbesondere nicht aufgrund von Konstrukten), sondern ebenbürtig im Menschsein, eben durch individuelle Stärken und Schwächen, völlig unabhängig vom bei der Geburt festgelegten Geschlecht und den leider recht automatisch darin angelegten Gesellschaftsrollen.
Neu für mich war auch das Bild der “schönen Bösen” – hauptsächlich kannte ich damals männliche Bösewichte und wenn es mal weibliche gab, waren es eher entstellte Hexen oder optisch nur auf ihre Brüste reduzierten Damen. Die Autorin Naoko Takeuchi verpasste Sailor Moon & Co. zwar absurd kurze Röcke zum Kämpfen, aber die weiblichen Bösewichte nahm ich zumindest im Manga nicht als übertrieben sexualisiert wahr (im Gegensatz zu den DD Girls aus der TV-Serie beispielsweise). Mit Figuren wie Königin Beryl und Nehelenia begriff ich auch, dass Motive dafür, die Antagonistin zu sein, nicht bloß Erlangung von Macht sein müssen. Oder genauer: dass Macht nach außen die Erklärung sein kann, es nach innen aber andere Motive gibt. Im Falle der beiden genannten Antagonistinnen zum Beispiel Zurückweisung, Eifersucht, Einsamkeit. Motive, die ich dann damals als Katalysatoren für Chaos und Tod in den Geschichten um die Sailor-Kriegerinnen wahrnahm. Heute finde ich sie etwas beliebig umgesetzt, aber nun es ist Sailor Moon immer noch für Kinder gedacht. Fakt für mich bleibt, dass ich lernte, mehr zu hinterfragen, das “Gute, wie auch das “Böse”.
Wenn man, wie ich damals, umgeben ist von Mädchen, die Boybands anhimmeln und sich dort ihren Liebling herauspicken, dann kann es sich sehr befreiend anfühlen (auch, wenn ich es damals sicherlich nicht so benannt hätte), zur Abwechslung mal toughe Mädels zu fangirlen und zu schauen, mit welcher der Mädchen man sich am meisten identifiziert. Die Original-Sailor-Truppe besteht neben Sailor Moon ja auch aus der fleißigen und schüchternen Sailor Merkur, der rauen und geheimnisvollen Sailor Mars, der großgewachsenen und liebevollen Sailor Jupiter und der fröhlichen und unnachgiebigen Sailor Venus. Nach dem Prinzip bereits erwähnter Boybands sind alle Mitglieder der Gruppe recht unterschiedlich für möglichst breit gestreutes Identifikations-Potential. Ich klinge jetzt etwas steif, aber ich finde, so ist das nun mal und es ist ja nicht schlecht. Es kann helfen, sich selbst zu verstehen, andere zu verstehen und idealerweise auch, Unterschiede schätzen zu lernen. Sailor Moon ist sicherlich keine perfekte Serie und in Punkten auch nicht ganz unkritisch, aber es war für mich damals ein Werkzeug, mein Umfeld besser zu sortieren. Schon immer habe ich dazu geneigt, vieles zu zerdenken und ja, ein simples Prinzip aus einer japanischen Serie half mir, Beobachtungen bzw. Menschen und ihre Persönlichkeit schneller einzuordnen, statt sie ewig zu “analysieren” und schlimmstenfalls überfordert zu sein.
Zu Beginn dachte ich übrigens immer, ich müsste eine zarte Usagi bzw. Sailor Moon sein, identifizierte mich aber mehr mit der rauen Sailor Mars und der (wie auch ich damals für mein Alter als Mädchen ungewöhnlich großen) Sailor Jupiter. Später wurde es tatsächlich jemand anderes und dabei bin ich bis heute geblieben, auch wenn ich mich damals zu Anfang wehrte, mich mit jemandem aus dem erweiterten Kreis der Kriegerinnen zu identifizieren (der innere Kreis war eben beliebter und ich, ja, ich stehe dazu, etwas oberflächlich). Wenn man Sailor Moon ein bisschen kennt und den obigen Text gelesen hat, kann man jetzt ganz gut darauf schließen, wen ich meinen könnte 😉 Ansonsten erklärt es sicherlich der nächste Absatz. (Randnotiz: Bei einem Buzzfeed-Test bekam ich vorhin ja immer wieder das hier raus und das kann man jetzt interpretieren wie man will (ich lache einfach immer noch) oder milde den Kopf schütteln, dass ich hier gerade ernsthaft Buzzfeed selbst als Randnotiz anbringe…)
Zu cool für Grenzen
Haruka aka Sailor Uranus sprengte mein damaliges Verständnis von Coolness. Denn Haruka trägt meist nur Hosen, selbst als Uniform an ihrer Schule und ist eben sehr, sehr selbstbestimmt. Anfangs ist sich selbst Usagi nicht sicher, ob sie nicht ein bisschen verknallt in sie ist. Ich habe mich damals dasselbe gefragt (aber dann mit roten Wangen beschlossen, dass das nur daran liegen kann, dass Haruka in manchen Panels eben aussieht wie ein schicker junger Mann).
Damals begriff ich übrigens erst nicht so ganz, was die Sache mit Haruka Tenno und Michiru Kaio bedeutete. Haruka, die oftmals für einen jungen Mann gehalten wird und kein Problem damit hat; Michiru, die so eng mit Haruka verbandelt ist, dass man sich fragt, ob sie ein Paar sind. Ich begriff, dass sie ein Paar sein könnten und soweit ich mich erinnern kann, müsste der Manga damit auch meinen ersten Kontakt mit lesbischen Beziehungen sein. Es war irritierend, weil ich nur da Prinzip Mann+Frau kannte. Aber die Darstellung der beiden war so selbstverständlich und zärtlich, dass ich mich einfach nur ob des schönen Paares freute (ich glaube, die beiden waren auch so mit die ersten, die ich shippte in einem fiktionale Werk), als mich weiter davon irritieren zu lassen, dass es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar handeln könnte.
Jahre später, wo ich mich bewusst wesentlich mehr mit Gesellschaft und Geschlechtertheorien auseinandergesetzt habe, finde ich den Manga dahingehend still und leise revolutionär. Japan ist bis heute sehr traditionell und auch wenn der immense Erfolg von Werken wie Sailor Moon nicht direkt dazu führen kann, dass Frauen- und Männerrollen offener werden und Homosexualität akzeptiert wird, ebnen sie den Weg für so etwas.
Hierzulande hat Sailor Moon zumindest einen Magical Girl-Boom und allgemeinen Anime- bzw. Manga-Hype ausgelöst, zusammen mit Pokémon, Dragonball & Co. Für mich kam jedoch nichts mehr an Sailor Moon heran in seiner Vielfalt an Dingen, die die Serie in mir ausgelöst hat, wie ich mich mit ihr identifizieren und über sie auch Neues kennenlernen konnte. Klar, ich wurde auch schlicht älter, aber bis heute ist Sailor Moon die große nostalgische Liebe geblieben, denn so viel auf einmal gestaunt und gelernt in einer Kinderserie habe ich nur da.
“Sag das Zauberwort” ist im Rahmen von Yvas Blogparade „Kodak Kids“ auf YVPRYSM entstanden.
4 Kommentare
Aww, bei diesem Beitrag werde ich auch gleich nostalgisch. Dieses Intro… der Ohrwurm geht heute Abend wohl nicht mehr weg. XD
Das Geniale an Sailor Moon war ja immer, dass eben so viele verschiedene “Mädchen-Typen” vorkamen. Ich sah mich anfangs eher in der ruhigen, klugen Sailor Merkur, später mit Uranus (weil Tomboy). Wenn ich einen Girlcrush in meinem Leben hatte, dann war’s Haruka. Was ihre Beziehung zu Michiru angeht, so hat mich das auch sehr geprägt. Ich hatte in meiner Kindheit zwar kein Verständnis für lesbische Beziehungen, aber die Art, wie ihre Verbindung dargestellt wird, hat mich tief berührt. Manchmal glaube ich, dass ich deswegen so gerne tiefe (platonische wie romantische) Beziehungen zwischen Frauen schreibe. <3
Bei mir kam im Buzzfeed-Test übrigens ARTEMIS heraus. XD
Ahhahahahaha….
Liebe Grüße
Rina
Haha, bittebitte für den Ohrwurm 😀 <3
Ja, diese Möglichkeiten, sich identifizieren zu können fand ich schon damale und finde ich auch immer noch super! Und witzig, dass wir beide Haruka haben (du meintest ja mal, mich mehr mit Michiru zu verbinden, was ich irgendwie gar nicht so sehe, aber halt spannend finde als Außenperspektive!), haha. Sie ist ja auch einfach mal mega.
Und ja, Freundschaften oder Beziehungen zwischen Frauen finde ich ganz arg unterrepräsentiert auf unserem Buchmarkt, meine Stimme hast du da SOFORT <3
Oh Mann, dieser Test ist nicht unserer... Sollten wohl mal einen Test machen, wo nach Sailor Senshis/Scouts gefragt wird und nicht nach Sailor Moon-Charakteren allgemein… :p
Ich verbinde dich wohl eher mit Michiru, weil du wie sie eine sehr feinsinnige, empathische und poetische Seele hast. Du hast einen guten Geschmack und Sinn für Kunst, für mich lag das quasi auf der Hand. 😉
Aber die Innen- und Außenperspektive ist ja oft grundverschieden. Was das ganze wieder spannend macht. 😀
Das wäre mal eine Idee… habe gerade einen gefunden, aber sind dann wieder nur die Inner Senshi vertreten. Da wäre ich aber eine Sailor Merkur. Und so schließt sich der Kreis. Ich suche wohl besser mal nach einem, in dem alle Kriegerinnen vertreten sind. XD
Liebe Grüße
Rina
Das hast du schön gesagt :p Ich finde Michiru einfach nur zu “zart” für mich, Haruka entspricht mehr meiner bisweilen “burschikosen” Art. Aber wie gesagt, ist nur meine Innenperspektive und die ist ja auch nochmal von Hoffnungen und Ängsten gefärbt.
Jetzt habe ich wegen deines Kommentars nochmal nach einem Quiz gesucht und ich fühle mich jetzt soviel besser, es kam Uranus heraus XD Wenn du es auch machen möchtest, ich habe das Quiz gemacht!