Irgendwann habe ich nicht mehr daran gedacht, zu schreiben, irgendwann auch nicht daran, überhaupt zu kreieren – daher musste arrows at the sun entstehen.
Es ist lange her, dass ich begriffen habe, dass mein Perfektionismus Angst vor Ablehnung ist. Dagegen zu arbeiten kostet mich allerdings bis heute ein unglaubliches Maß an Energie, die ich gerne in andere Dinge investiert sähe – aber es hat immerhin nicht verhindert, dass Menschen in mein Leben getreten sind, die mir ein ausdrückliches “Fuck it!” ans Herz gelegt haben. Am Ende des Tages kann ich nicht ohne Ausdruck in Form von Wort und Bild. Meine Idee zwischenzeitlich, nichts um meine herum Texte bildhaft zu gestalten war trotzdem hartnäckig lange da. Und war doch nur wieder dieser Perfektionismus, schlicht verkleidet.
Mein literarisches (und generell “künstlerisches”) Jahr war dünn bis durchscheinend, ein gebrochener Arm und die Rückkehr zur Arbeit haben mich praktisch nicht gedanklich ausschweifen lassen, wenige Ideen verloren sich in Müdigkeit. Aber da waren und sind immer noch die erwähnten Menschen: Mátyás Dunajcsik, den ich zur Leipziger Buchmesse kennenlernen durfte beispielsweise, dessen “Verlorene Gedichte” (parasitenpresse 2023) mir so vieles sagten, unter anderem:
“Sag: Ich brauche eine Umarmung, weil ich mich wie
ein Gespenst in dieser Stadt fühle und ich mich
versichern muss, dass ich immer noch da bin.”
arrows at the sun ist diese Umarmung und diese Versicherung. Und ist mein Versuch, nicht umzukehren, nur weil ich noch andere Dinge tun muss, außer irgendwie künstlerisch tätig zu sein. Fuck it, no compromise. Es ist auch der Versuch, mir selbst wahrhafter zu begegnen, weil ich lernen durfte, dass das gut und wichtig ist. Ausschlaggebend in der Beziehung war die Tätigkeit für Bonanzafest, das Festival für trans und nicht-binäre Kunst und Performance, weil es einfach so lief: fuck it, be your neurodivergent and queer self!
Dieses Lyrik-Zine ist eine kleine Dokumentation meiner Neurodivergenz und Queerness von meiner Kindheit bis heute. Von dem Unverständnis, was die Welt von mir wollte, über die Scheu, die Augen zu öffnen bis zur Erkenntnis: I thought they were the sun (it was me all along). Ich hätte soviel mehr schreiben können, aber am Ende war es auch ein Projekt um zu schauen: Kann ich etwas Druckbares erschaffen innerhalb von 1-2 Wochen? Das Ergebnis ist absichtlich roh, digital erstellt, aber mit analogem feel. Weil ich immer beides sein werde, weil mich das euphorisch macht und ich hoffe, da draußen auch andere etwas mitnehmen kann.